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Enerige & Management > Gastbeitrag - „Inbetriebnahmeprüfungen sind keine bloße Formalität“
Quelle: E&M
GASTBEITRAG:
„Inbetriebnahmeprüfungen sind keine bloße Formalität“
Floris Schulze, Zentraleuropa-Direktor bei KEMA Labs Consulting, berichtet über die Tests von Hochspannungskabelsystemen bevor diese ans Netz gehen.
 
Der Energiesektor befindet sich im Wandel: Neue Technologien, steigende Nachfrage und innovative Komponenten verändern Erzeugung, Verteilung und Verbrauch von Energie. Energieversorger stehen unter Zeitdruck und müssen Projekte effizient umsetzen, ohne Qualität oder Zuverlässigkeit zu gefährden. Gleichzeitig sind Zulieferer ausgelastet, was neue Partnerschaften und Lieferantenqualifizierungen erfordert. Hersteller erhöhen ihre Kapazitäten, um der Nachfrage gerecht zu werden.

Die Qualität der eingesetzten Komponenten ist entscheidend für das Gelingen der Energiewende. Ihre Zuverlässigkeit verhindert Ausfälle und Schäden. Die weltweite Ausweitung von Hochspannungsstromnetzen beschleunigt die Einführung neuer Übertragungs- und Verteilungskomponenten, darunter Hoch- und Höchstspannungskabel.

Um die Integrität von Kabelinstallationen sicherzustellen und die korrekte Montage von Zubehör zu gewährleisten, schreiben IEC-Normen Inbetriebnahmeprüfungen für neu installierte Kabelsysteme vor. Diese erfolgen mit mobilen, auf Lkw montierten Prüfanlagen, die die Kabel mit der erforderlichen Prüfspannung beaufschlagen. Außerdem werden Teilentladungsmessungen durchgeführt, um Isolationsfehler zu erkennen.
 
Eine spezielle mobile Testanlage ist auf einem Lkw montiert
Quelle KEMA

Inbetriebnahmeprüfungen sind keine bloße Formalität: Statistiken zeigen, dass mindestens 20 Prozent der Installationen Mängel aufweisen, die zu Stromausfällen und hohen Kosten führen können. Ein Beispiel für sorgfältige Inbetriebnahme ist Tennets Projekt in Wijk aan Zee.

Gemeinsam mit Auftragnehmern errichtete Tennet eine moderne Transformatorstation, die die Landstation Hollandse Kust Noord und die 380-kV-Umspannstation Wijk aan Zee umfasst. Sie verbindet drei neue Windparks mit dem niederländischen Hochspannungsnetz. Zentrale Komponenten sind die Landstation, die grüne Energie von 220 kV auf 380 kV transformiert, und die Schaltstation, die den Strom ins nationale 380kV-Netz einspeist.

Vor der Inbetriebnahme führte KEMA Labs umfassende Freigabetests durch, um Korona-Entladungen zu erkennen – verursacht durch scharfkantige Teile, Verschmutzungen oder Montagefehler. Diese Entladungen können Geräusche und finanzielle Verluste verursachen.

Mit Spezialkameras untersuchte KEMA die gesamte, etwa 23 Fußballfelder große Anlage. Die Ergebnisse ermöglichten den Errichtern der Anlage, schnelle Korrekturen vorzunehmen. KEMA Labs testete zudem mehrere 12-Kabelsysteme mit Serienresonanz-Prüfanlagen. In einigen Fällen wurden mehrere Prüfanlagen kombiniert, um Länge und Kapazität der Kabel abzudecken. Die Prüfspannung betrug bis zu 374 kV – 1,7-fach über der Betriebsspannung –, um Fertigungs- oder Montagefehler zu erkennen.

Das Projekt erforderte enge Abstimmung zwischen KEMA Labs und Tennet, inklusive detaillierter Prüfpläne, Sicherheitsabsprachen und präziser Durchführung. Mehrere Kabelkreise sind bereits in Betrieb. Hochspannungsprüfungen an abgelegenen Orten bringen zusätzliche Herausforderungen. Teams müssen unabhängig arbeiten, Umweltbedingungen bewältigen und flexibel auf Systemverhalten reagieren.

Ein aktuelles Projekt in Island zeigt dies deutlich: Das 66-kV-Seekabelprojekt von Landsnet, welches die Versorgungssicherheit der Insel Heimaey verbessern soll. Die Inbetriebnahme erfolgte in einer technisch anspruchsvollen Umgebung. Kabelherstellung und EPC-Verantwortlichkeit lagen beim chinesischen Unternehmen Hengtong, einem KEMA-Kunden.

Enge Zeitpläne, ausgelastete Lieferanten, Fachkräftemangel und neue Partner verdeutlichen die Bedeutung robuster Inbetriebnahmeverfahren. Nur durch gründliche Tests lassen sich versteckte Mängel vor dem Einschalten erkennen – und damit Ausfälle, Versorgungsunterbrechungen, finanzielle Verluste und Schäden vermeiden.
 
Die Serienresonanz-Prüfanlage
Quelle: KEMA

Zum Autor: Floris Schulze, Zentraleuropa-Direktor bei KEMA Labs Consulting, betreut globale Energieversorger mit über 25 Jahren Erfahrung im Energiesektor.
 
 

Redaktion
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Freitag, 14.11.2025, 10:18 Uhr

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